Nach dem Gesetzestext in § 1816 BGB vertritt der Betreuer den Betreuten in den angeordneten Aufgabenkreisen ausschließlich rechtlich.
Ist ein rechtlicher Betreuer bestellt, wird von den Behörden überwiegend angenommen, dass diesen die Pflicht zur Mitwirkung trifft. Die Behörden gehen regelmäßig davon aus, dass die Grenzen der Mitwirkung nun nicht mehr an den persönlichen Verhältnissen und Fähigkeiten des Leistungsempfängers zu messen sind, sondern an denen eines voll einsatz- und geschäftsfähigen Menschen. Dabei wird nicht nur die sich aus den §§ 60 und 61 SGB I ergebende Mitwirkungspflicht als nahezu grenzenlos angenommen, sondern darüber hinaus wird auch die Entscheidung über die Form der Hilfe dazu genutzt, die Arbeitsbelastung der Behörde zu minimieren.
Die Rolle vom rechtlichen Betreuer ist die eines Mittlers zwischen dem Betroffenen und derjenigen Person, die die notwendigen Hilfen (Leistungen) tatsächlich erbringt. "Der Betreuer ist weder berechtigt noch verpflichtet, praktische Hilfe zu leisten ..." (Raack/Thar, Leitfaden Betreuungsrecht, 5. Aufl. Köln 2009, S. 93). Soziale, pädagogische, psychologische, therapeutische, pflegerische und hauswirtschaftliche Betreuung, Transport-, Einkaufs- und Begleitdienste u.ä. - also tatsächliche Dienstleistungen - waren und sind nicht Aufgabe des rechtlichen Betreuers. Der Betreuer ist der rechtliche Vertreter des Betreuten. Dies wurde zudem mehrmals höchstrichterlich bestätigt.
Die rechtliche Betreuung beschränkt sich dem Gesetz nach ausschließlich auf die Besorgung von Rechtsgeschäften:
*Besorgung rechtlicher Angelegenheiten BGH - Urteil vom 02.12.2010, Az. III ZR 19/10: „Die für den Aufgabenbereich der Vermögenssorge eingerichtete Betreuung verpflichtet den Betreuer
nicht zu tatsächlichen Hilfeleistungen für den Betroffenen, sondern nur zu deren Organisation. … Der Betreuer hat solche tatsächlichen Hilfen in erster Linie zu organisieren, nicht jedoch selbst
zu leisten … Tätigkeiten außerhalb der Besorgung rechtlicher Angelegenheiten gehören insbesondere dann nicht zum Aufgabenbereich eines Betreuers, wenn deren Vergütung durch andere Kostenträger –
etwa die Sozialhilfe – geregelt ist.“
*Rechtsfürsorge BSG - Urteil vom 30.06.2016, Az. B 8 SO 7/15: „Der Betreuer handelt als Vertreter (§ 1901 Abs 1 BGB, § 1902 BGB a.F.). Wie der Bundesgerichtshof … zur Abgrenzung
von "Leistungen der Sozialhilfe" von solchen der rechtlichen Betreuung zutreffend ausgeführt hat (Urteil vom 02.12.2010 - III ZR 19/10), sind von der rechtlichen Betreuung Tätigkeiten nicht
erfasst, die sich in der tatsächlichen Hilfeleistung für den Betroffenen erschöpfen, ohne zu dessen Rechtsfürsorge erforderlich zu sein. Der Betreuer ist vielmehr nur verpflichtet, solche Hilfen
zu organisieren, nicht aber, sie selbst zu leisten.“
*Beistand in Form der Rechtsfürsorge BFH – Urteil vom 04.09.2019, Az. VI R 52/17: „Betreuung" i.S. der §§ 1896 ff. BGB a.F. ist nicht tatsächliche Hilfe, sondern Beistand in Form von
Rechtsfürsorge (vgl. § 1902 BGB a.F.). Maßnahmen, die diese vom Gesetz zugewiesene rechtliche Interessenwahrnehmung überschreiten, gehören nicht zum Aufgabenkreis eines Betreuers. Dieser hat im
Rahmen der ihm übertragenen Aufgabenkreise (vgl. § 1897 Abs. 1 BGB a.F.) tatsächliche Hilfen lediglich zu organisieren. Der Bereich der Gesundheitssorge umfasst danach beispielsweise die
Einleitung ärztlicher Maßnahmen und die Erteilung von Zustimmungen, nicht jedoch die tatsächliche Durchführung von pflegerischen Maßnahmen, sondern allenfalls deren Organisation.“
Rechtliche Betreuung hat weder einen Erziehungs- noch einen Besserungsauftrag. Wenn ein Betroffener beispielsweise keinen Alkoholentzug durchführen möchte, kann ich ihn in meiner Eigenschaft als rechtliche Betreuerin nicht dazu zwingen. Ich kann darum werben - mehr jedoch nicht.
Entsprechend kann von einer rechtlichen Betreuung auch keine “Erfolgsgarantie” erwartet werden. Nur was im aktiven Miteinander von der betreuten Person und dem rechtlichen Betreuer möglich ist, kann Wirklichkeit werden. Deshalb:
Es besteht auch immer eine Mitwirkungspflicht des Klienten - im Rahmen seiner Möglichkeiten.....
"Rechtliche Betreuung dient nicht der Arbeitserleichterung von Behörden und Sozialleistungsträgern, nicht der Durchsetzung ärztlicher Vorstellungen, nicht der Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung, nicht dem Gläubigerschutz, nicht dem Schutz der Nachbarn oder dem guten Gewissen der Familie. Rechtliche Betreuer müssen einzig Partei für ihre Betreuten ergreifen." (nach Ulrich Engelfried, Richter am Amtsgericht in Hamburg-Barmbek, 11.11.2016)
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/w/d) verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.